Die wichtigsten Fakten zum Thema Schnellender Finger
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter einem „schnellenden Finger“?
Der schnellende Finger, auch Spring- oder Schnappfinger genannt, betrifft die Beugesehnen der Hohlhand. Es kommt zu einer Sehnenscheidenentzündung im Bereich derselben, die einer Überlastung geschuldet ist und bei der es sich nicht um eine bakterielle Infektion handelt. Infolgedessen kann die Sehne nicht mehr ungehindert gleiten und bleibt stecken. Schafft sie es, meist mit Hilfe von außen, in die gewünschte Position, kommt es im Rahmen des Bewegungsablaufs zu einem Springen, Schnappen oder Schnellen des betroffenen Fingers.
Wie genau entsteht dieses Krankheitsbild?
Durch meist stereotype Bewegungen und eine Fehlhaltung sind die Sehnen immer wieder mit kleinen Verletzungen konfrontiert, die im Laufe der Zeit in Entzündungen münden. Das Gewebe schwillt an, es entstehen Sehnenknötchen und die Sehne passt nicht mehr durch das Ringband, durch das sie bei jeder Bewegung durchgleiten muss. Sie bleibt hängen und erzeugt so das Phänomen des schnellenden Fingers.
Das heißt, anatomische Gegebenheiten spielen diesbezüglich eine entscheidende Rolle?
Ja. Die sogenannten Ringbänder verbinden bewegliche Knochenstrukturen. Unsere Hände haben jeweils 27 Knochen – acht Handwurzelknochen, fünf Mittelhandknochen und 14 Fingerknochen, außerdem Sehnen, Bänder, Muskeln, Nerven, Arterien und weitere Begleitstrukturen. Für einen perfekten Bewegungsablauf muss alles störungsfrei funktionieren. Wenn eine Sehne, die als Ausläufer der Muskeln gilt und bis in die Fingerspitze zieht, und mit straffen Ringbändern tunnelartig am Knochen befestigt ist, sich verändert, führt das zwangsläufig zu Problemen. Bei der Tendovaginits stenosans, wie der schnellende Finger im Fachjargon heißt, kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sehnenumfang bzw. ihrer Oberfläche oder ihres Gleitgewebes und dem Platz, der beim Bewegungsablauf zum Hindurchgleiten zur Verfügung steht.
Wie äußert sich diese Erkrankung?
Meist berichten die Patienten von Schmerzen in der innenseitigen Hohlhand, ausgehend von der Beugefalte nahe des betroffenen Fingers. Dies ist der Beugesehnenverdickung, die sich in der Regel über dem beugeseitigen Fingergrundglied manifestiert, geschuldet. Schreitet die Erkrankung weiter voran, ist ein Beugen bzw. Strecken des Fingers nur mehr unter großem Kraftaufwand möglich und geht mit einem Schnappen oder Springen desselben einher, was ziemlich schmerzhaft sein kann. Im weiteren Verlauf verbleibt der Finger dann in seiner Beuge- oder Streckstellung, meist aufgrund einer weiteren Schwellung der Sehnenscheide.
Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung?
Zunächst können konservative Maßnahmen ergriffen werden: Zum einen sollten stereotype Bewegungsabläufe und Fehlhaltungen aufgegeben bzw. verändert werden, was mit Hilfe physikalischer Maßnahmen erreicht wird. Entzündungshemmende Medikamente sind mitunter hilfreich, um ein Abschwellen des entzündeten Gewebes zu erreichen. Fruchtet all dies nicht, sollte man eine Operation andenken, in deren Rahmen man das Ringband spaltet, um Platz für die Sehne zu schaffen. Danach wird überprüft, ob der Finger wieder ungehindert gebeugt und gestreckt werden kann.
Wie stellen Sie die Diagnose?
Zum einen durch eine körperliche Untersuchung, zum anderen mittels hochauflösendem Ultraschall oder anderen bildgebenden Verfahren. Um die Diagnose eindeutig stellen zu können, muss das Vorliegen einer Dupuytren´schen Kontraktur ausgeschlossen werden. Des Weiteren gilt es, Erkrankungen wie Arthrose oder Nervenkompressionssyndrome vor einer Operation auszuschließen. Nach der Operation muss der Patient so schnell wie möglich mäßig bewegen, um ein Verkleben der Sehne zu verhindern.
Verfasst von Mag. Sonja Streit